LESERBRIEF: Klatschen reicht wirklich!
Ich arbeite seit über 20 Jahren im Klinikum Hochrhein, davon 15 Jahre auf der Intensivstation und ich habe schon einiges mitgemacht. Diverse Geschäftsführer, diverse Namensänderungen, kleine und große Krisen. Aber auch großen Zusammenhalt, pragmatischer Umgang mit Veränderungen und nach wie vor ein gutes Arbeitsklima in meinem Team. Mit der Pandemie hat sich für uns vieles radikal geändert und wie alle, wussten wir am Anfang nicht, was auf uns zukommt und wie wir damit umgehen müssen. Von Anfang an wurde seitens der Geschäftsführung alles dafür getan, dass wir uns ausschließlich auf die Arbeit am Patienten konzentrieren konnten. Es wurde vorausschauend und eigeninitiativ nach Material geschaut und bestellt, wir hatten immer Schutzkleidung und Masken für uns zur Verfügung.
Das gesamte Personal des Klinikums wurde über Monate hinweg kostenlos verpflegt, Tag und Nacht. Parkgebühren wurden über Monate erlassen. Gesprächsrunden mit dem Psychiater Dr. Jähne, der dies ehrenamtlich für uns machte, wurden organisiert. Es gibt nette Aktionen, wie den Adventskalender für alle, Tag des Komplimentes,…
Es gab mehrere Impfaktionen und immer wieder Gesprächsangebote für Unentschlossene. Trotz aller Sorgen und Ängste in dieser Zeit gehe ich nach wie vor mit einem guten Gefühl in mein Klinikum, weil ich weiß, dass hier für uns Mitarbeiter gesorgt wird und dies, ohne es an die große Glocke zu hängen….was angesichts des Artikels von Frau Schwarzelühr-Sutter scheinbar der falsche Weg ist.
Tue Gutes und sprich darüber, dieses von den Politikern so gern gelebte Sprichwort, hat die Geschäftsleitung des Klinikums nicht nötig. Ich finde es auch richtig beschämend, dass wir (ja, das Klinikum besteht nicht nur aus Dr. Schlaudt!) immer dann herhalten müssen, wenn Publicity erforderlich ist.
Da wird dann für uns geklatscht, es wird Schokolade und Obst in Kleinstmengen für über 600 Mitarbeiter medienwirksam überreicht, tolle Beatmungsmaschinen organisiert (für Covid-Beatmungen einfach nicht geeignet), in Berlin wird über Extraurlaub und Corona-Prämien gefeilscht. Bundestagsabgeordnete und deren Mitarbeiter im home-office haben selbstverständlich Prämien bekommen, im Gesundheitswesen wurde jeder Cent umgedreht und viele sind anfänglich leer ausgegangen, Ärzte, Reinigungskräfte, Physio, Röntgen,…
Ich bin echt genervt von solchen Aktionen. Lassen Sie uns doch einfach unsere Arbeit machen, wir haben genug zu tun, da brauchen wir solche Pseudo-Solidaritäts-Bekundungen wahrlich nicht!
Liebe Frau Schwarzelühr-Sutter, wenn Sie wirklich was für uns in der Pflege machen wollen, dann klatschen Sie doch bitte einfach weiter!
Das hindert uns nicht bei der Arbeit, keiner wird sinnlos in Kritik gestellt und umsonst ist es auch noch!
Birgit Rieple, Krankenschwester auf der Intensivstation im Klinikum Hochrhein
Leserbriefe geben die Meinung des jeweiligen Verfassers wieder.
Foto: Symbolbild